Überblick zu den Tragemöglichkeiten

In diesem Kompaktkurs lernst du die verschiedenen Tragemöglichkeiten kennen.
Das Angebot auf dem Tragemarkt ist insbesondere in Europa unglaublich groß und noch dazu schnelllebig: Viele Hersteller bringen regelmäßig Verbesserungen zu ihren bestehenden Produkten heraus oder aber entwerfen neue Produkte. Für Profis schon nicht leicht, da auf Stand zu bleiben, für Trageanfänger nahezu unmöglich, einen Überblick zu bekommen.
Dennoch lassen sich die allermeisten Trageweisen bestimmten Schubladen zuordnen. Und wenn es Besonderheiten gibt, dann passen die auf einen kleinen Post-It Zettel.
Auf den gleich folgenden Abschnitten werden wir uns Schublade für Schublade anschauen und so Licht ins Dunkel des „Trage-Dschungels“ bringen!
01. Herzlich Willkommen!
Schön, dass du hier bist! Hier beginnt der Kompaktkurs mit dem Überblick zu den verschiedenen Tragemöglichkeiten. Denn egal ob Tragehilfe oder Bindeweise mit dem Tragetuch: Die Trageweise macht die tragende Person mobil und sie hat im Idealfall beide Hände frei, während das Kind sicher und bequem am Körper getragen wird. Aber wo sind die Unterschiede? Das finden wir gemeinsam heraus!
Ich verwende keine Cookies für meine Website, darum wird auch kein „Zwischenstand“ gespeichert. Dafür bist du hier auch zu 100% unbeobachtet 🙂 Damit du nicht zu weit scrollen musst, findest du hier ein kleines Inhaltsverzeichnis: Wir beginnen mit der „Trage-Kommode“ und schauen uns dann das Tragetuch an. Danach folgen die Tragehilfen und ein Überblick zu den Trageweisen vor dem Bauch, auf der Hüfte und dem Rücken. Es macht auch oft einen Unterschied, ob wir ein Neugeborenes oder ein größeres Kind tragen und schließlich, wo in der Welt wir tragen.
Für ein entspannteres Lesen würde ich ein größeres Display als das eines Handys empfehlen oder aber zumindest auf Breitformat drehen!
02. Unsere „Trage-Kommode“
Vom Stoffstück zur Vollschnallentrage
Wenn wir vom Tragen sprechen, ist üblicherweise immer ein „unterstütztes“ Tragen gemeint. Denn getragen werden alle Babys und Kinder, nur meist hat der Tragende dabei nicht beide Hände frei!
In diesem Kurs widmen wir uns der Frage, womit wir das Tragen unterstützen können. Was also ist eine TrageHILFE?
Im einfachsten Fall nehmen wir uns ein Stoffstück und binden es so um unseren Körper, dass ein Kind sicher darin gehalten wird. Mit einem längeren Tuch können wir mehrlagig binden und das Gewicht dadurch anders verteilen. Und wenn wir vielteilige Schnittmuster verwenden und mehr und mehr Zubehör annähen, kommen wir den „modernen“ Tragehilfen immer näher.

Auf dem Bild haben wir zur Linken solch eine „moderne“ Tragehilfe. Das Baby wird von zwei Lagen Stoff gestützt, die am unteren Ende mit dem Bauchgurt und am oberen Ende mit zwei Trägern verbunden sind. Das gesamte Produkt ist aufwändig verarbeitet und mit Polstern, Gurtband und Schnallen versehen. Rechts auf dem Bild wird das Baby von einem einfachen, rechteckigen Baumwolltuch gehalten. Das Tuch wird auf der Brust oben und unten eingedreht und umgeschlagen.
Achtung: Dein Kind sollte in erster Linie sicher in die Trageweise kommen und auch sicher wieder heraus. Während des Tragens achte bei deinem Kind auf eine ausreichende Stützung und freie Atemwege. Für dich sollte das Tragen schmerzfrei und bequem sein. Mehr über sicheres, gesundes und bequemes Tragen erfährt du in meinem Grundlagenkurs.
Warum es nicht DIE EINE Trageweise gibt, die universal für jedes Tragepaar empfohlen werden kann, liegt in der Natur des Menschen: Wir haben unterschiedliches Vorwissen, unterschiedliche Vorlieben und unterschiedliche körperliche Voraussetzungen.
Schau dir dazu die folgenden typischen Aussagen an:
„Ich brauche eine schnelle Trageweise. Das Material muss pflegeleicht sein. Und ich will es möglichst lange nutzen können, auch wenn mein Kind größer wird.“
„Bei mir muss es immer optimal sein! Ich habe für jedes Kind eine eigene Tragehilfe, zuhause kuscheln wir uns am liebsten in Tragetücher ein. Und für besondere Anlässe habe ich noch ein, zwei Teile extra.“
„Mein Partner soll die Trageweise auch nutzen können. Hauptsache, es ist uns beiden bequem und passt zu unserem Baby!“
„Ich habe etwas geschenkt bekommen. Ich weiß zwar nicht, wie es funktioniert, möchte es aber unbedingt nutzen und nichts zusätzlich kaufen müssen.“
Ganz pragmatisch und kostensparend ist der Ansatz, mit vorhandenem Material zu beginnen und dann, wenn sich die Möglichkeit bietet, auch andere Trageweisen auszuprobieren! Aber kommen wir zurück zur Theorie. Im folgenden Abschnitt kannst du dir ein Video mit einem Überblick ansehen.
Video: Überblick zu den Trageweisen
03. Das Tragetuch
Das Tragetuch – Maße und Materialien
Die meisten Bindeweisen, die uns in Deutschland begegnen, sind für gewebte Tücher ausgelegt. Bindeweisen mit elastischen Tücher werden vor allem bei kleinen Babys verwendet. Einen kleinen Vergleich der beiden Stoffarten siehst du unten:
gewebtes Tragetuch | elastisches Tragetuch |
Gewebe aus Kette und Schuss
|
meist Gestrick aus einem Faden
|
diagonalelastisch, längs und quer eher unnachgiebig | in alle Richtungen elastisch |
ein bisschen wie… Hängematte | ein bisschen wie… T-Shirt |
kann ein- und mehrlagig gebunden werden | muss meist mehrlagig gebunden werden |
über die gesamte Tragezeit nutzbar | für schwere Kinder weniger komfortabel |
viele Bindeweisen möglich | vor allem Bindeweisen vor dem Bauch möglich |
Das am häufigsten verwendete Material ist Baumwolle. Weitere Naturfasern sind Leinen, Hanf und eher seltener Ramie oder Kapok. An tierischen Fasern wird Wolle und Seide verarbeitet. Daneben gibt es aber auch künstlich erzeugte Fasern, zumeist Viskosen, bei denen die chemisch gewonnene Zellulose pflanzlichen Ursprungs zu einem Faden versponnen wird. Für ein wenig Bling-Bling kommen aber durchaus auch echte Kunstfasern zum Einsatz.
Tragetücher sind immer im direkten Kontakt zu unseren Kindern und werden abgeleckt und angespeichelt: Nicht nur aus diesem Grund ist es sinnvoll, kontrolliert hergestelltes und geprüftes Material zu verwenden und es auch vernünftig zu pflegen. Wer dabei hohe Anschaffungskosten fürchtet, dem sei der Gebrauchtkauf ans Herz gelegt.
Neben dem verwendeten Material ist auch die Art der Webung relevant, wenn es um die Trageeigenschaften eines Tuches geht. Wir können also ganz unterschiedliche „Baumwolltücher“ bekommen, wenn dickere oder dünnere Garne in der ein oder anderen Webart verarbeitet werden.
Unten siehst du vier Tücher beispielhaft im Vergleich:
Tuch 1
Kreuzköper
reine Baumwolle
eher dünnes Tuch
Orientierung durch Streifen
Tuch 2
Fischgrät
reine Baumwolle
sehr weiches Tuch
lockere Webung
Tuch 3
Jacquard
Baumwolle und Seide
pflegeintensiver
haftet gut, wenig rutschig
Tuch 4
handgewebt
Baumwolle
Einzelstück
mitteldick
Bindeweisen mit dem Tragetuch 1/2
Starten wir mit dem einfachsten Fall: Wir nehmen uns ein kurzes Tragetuch, knoten es zusammen und legen uns die Schlaufe so an den Körper, dass wir unser Kind noch einfädeln können. Natürlich achten wir darauf, dass unser Kind sicher und bequem gehalten wird und es auch für uns angenehm ist. Tadaa: Schon haben wir eine erste Bindeweise!
Anstatt eines Knotens können auch Ringe zum Schließen verwendet werden. Das bekannteste Beispiel ist der Ringsling, bei dem die Ringe schon fest vernäht sind. Es lässt sich darüber streiten, ob das dann schon eine Tragehilfe ist oder es noch als „Tuch“ zählt. Was wir aber wiederum haben, ist eine klassische Schlaufe um unseren Körper und die eine Lage Stoff, die unser Kind stützt. Links im Bild ist zu sehen, wie dabei eine Schulter frei bleibt.

Nach dem gleichen Prinzip ließe sich das Kind auch seitlich oder auf dem Rücken positionieren. Man kann also erahnen, wie vielfältig das Tragen mit einem Tragetuch ist!
Mit einem längeren Tuch sind komplexere Bindeweisen möglich: Wir können die Position des Kindes variieren, den Verlauf des Tuches und ob wir mehrlagig und aufgefächert binden oder das Tuch als Strang am Kind vorbeiführen. Binden wir mehrlagig, können die Lagen in unterschiedlicher Reihenfolge geschichtet werden. Und wir können am Ende mit einem Knoten abschließen oder Ringe verwenden. Ein kleiner Teaser: Ist noch Tuch übrig, sind auch verschiedene „Finishes“ möglich. Diese sind nicht nur hübsch, sondern manchmal wirklich ein Bonus für die Bequemlichkeit.

Manche Bindeweisen und ihre Varianten begegnen uns häufiger, andere sind fast schon eine Spielerei. Zu den „Klassikern“ gehören sicherlich die Wickelkreuztrage (auch WKT oder WXT abgekürzt) und das Känguru (Bild rechts), die Hüftschlinge und der Hüftsitz für das seitliche Tragen und der Einfache Rucksack und der Double Hammock als Bindeweisen für den Rücken.
In den folgenden Kapiteln werde ich dir noch weitere Bindeweisen vorstellen, die für das Tragen vorn, seitlich und auf dem Rücken geeignet sind oder aber für besondere Tragepaare gut passen.
Im Video unten zeige ich verschiedene Möglichkeiten, wie das Tuch am Körper verlaufen kann und welche Besonderheiten sich dadurch ergeben. Wenn du bislang noch kein Tuch in der Hand hattest, dann lass es einfach auf dich wirken! Du musst das nicht auswendig wissen, um toll binden zu können.
Video: Tuchverläufe
Bindeweisen mit dem Tragetuch 2/2
Die aufgefächerten Tuchbahnen verteilen das Gewicht flächig an unserem Körper. Stränge hingegen sind eher die „Stützbalken“. Wir haben also eine überschaubare Möglichkeit, das Tuch an unserem Körper und dem des Kindes entlang zu führen, und dabei die Varianten „Strang“ oder „aufgefächert“. Kombiniert ergibt sich allerdings eine wunderbare Vielfalt!
Unten abgebildet ist eine Bindeweise, bei der das Kind von einer Querbahn (Torsopass) gehalten wird und seitlich von zwei weiteren zusammengeschobenen Kreuzbahnen (Kreuzpass, Crosspass) gestützt wird. Klingt kompliziert? Ist aber „nur“ die Wickelkreuztrage!

Hier noch einmal der Überblick der häufigsten Vertreter. Der Känguru- oder Rucksackpass verläuft wie ein U. Er beginnt auf der einen Schulter, geht dann um den Po des Kindes und dann wieder nach oben auf unsere andere Schulter:

Der Slingpass verläuft diagonal. Er beginnt auf der einen Schulter, geht dann um den Po des Kindes und dann unter unserer Achsel zurück. Dieser Verlauf ist auch ohne Gegengewicht des Kindes möglich, so zum Beispiel hinter unserem Rücken bei der Wickelkreuztrage!

Der Torsopass verläuft gerade (horizontal). Er beginnt unter unserer Achsel, geht breit über den Rücken des Kindes und dann unter unserer Achsel zurück. So starten wir die Wickelkreuztrage.

Der Kreuzpass verläuft diagonal. Er beginnt auf der einen Schulter, geht über den Rücken des Kindes und unter dem zweiten Beinchen durch. Zwei dieser Bahnen links und rechts bilden die klassische Kreuztrage.

Der Legpass (Beinpass) verläuft als Strang über beide Beinchen des Kindes. Er wird meist am Ende der Bindeweise als „Stützbalken“ genutzt und kann als Bauchgurt fortgesetzt werden bis zum Knoten:

Häufig wird zum Abschluss der Bindeweise ein Sicherheitskreuz unter die Beinchen des Kindes gebunden („drüber und drunter“). Dafür müssen die Stränge jeweils auf einer Seite einmal über, einmal unter das Beinchen des Kindes geführt werden. Ob der Strang nun von unserer Schulter kommt wie beim Kreuzpass oder von unserer Seite (reinforced / unterstützender Pass), spielt dafür keine Rolle:

04. Die Tragehilfen
„Tuchnahe“ Tragehilfen
Nichts ist so flexibel wie ein Tuch. Tragehilfen haben mehr Vorgaben was die Passform angeht. Dafür sind sie meist (teil-)gepolstert und werden deshalb oft als bequemer wahrgenommen. Aber: Was eine leichte Handhabung und Komfort angeht, ist beim Tragen sehr subjektiv und individuell! Da hilft vor allem das Ausprobieren.
Für viele ist eine „tuchnahe“ Tragehilfe der optimale Kompromiss. Sie soll wie ein Tuch auf das Baby anpassbar sein, aber gleichzeitig die Einfachheit und den Komfort bieten, die man gemeinhin den Tragehilfen zuschreibt. Manchmal wird darunter eine Tragehilfe verstanden, die aus vernähtem Tragetuch besteht. Manchmal geht es um die Flexibilität, beispielsweise ob die Träger so vielseitig wie ein Tuch gebunden werden können.
Unter einer Mei Tai / Meh Dai verstehen wir eine Tragehilfe, die aus einem Rückenpanel für das Kind und vier daran befestigten Bändern besteht. Der Ursprung dieser Tragehilfe liegt in Asien:

Eine Wrap Conversion im klassischen Sinne ist eine Tragehilfe komplett aus Tragetuch gefertigt und ohne Zubehör wie Schnallen oder Polsterungen. Auf dem Markt finden wir allerdings eher „Wrap Cons“ wie unten abgebildet mit Schnallenbauchgurt und Bindeträgern in der Breite einer halben Tuchbahn.

Der eigentliche Podaegi kommt aus Korea und besteht aus einem sehr breiten Rückenpanel für das Kind und einem langen Band, das daran befestigt ist. Bei uns findet man eher längliche Ausführungen mit zwei davon abgehenden Bändern, die zugleich Träger und Bauchgurt bilden können:

Ein Halfbuckle ist eine Tragehilfe mit meist gepolsterten Trägern zum Binden und einem Bauchgurt mit Schnalle. Wird Tragetuchstoff für die Träger und den Bauchgurt verwendet, ist auch ein Halfbuckle bezüglich der Haptik recht tuchnah.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Begriffe in der Praxis meist verschwimmen. Wer es „tuchnah“ mag, der wird am ehesten eine Tragehilfe ausprobieren wollen, deren Rückenteil aus einem Tragetuch besteht und die vielleicht auch breite Schulterträger zum Binden hat, wie bei einer Wrap Conversion. Wer generell lieber Knoten bindet als Schnallen zu schließen, wird mit einer Mei Tai liebäugeln. Wer komplett flexibel bleiben möchte, kann sich an einen Podaegi wagen.
Halfbuckle
Ein Halfbuckle wie auf dem Bild oben ist eine Tragehilfe mit „halber Schnallung“, die vorhandene Schnalle ist am Bauchgurt befestigt. Die Träger hingegen werden gebunden und sind meist gepolstert. Wie schon auf der letzten Seite beschrieben, ist auch eine Wrap Conversion hierzulande oftmals ein Halfbuckle; die Träger sind dort allerdings ungepolstert.
Wird ein Halfbuckle angelegt, muss zunächst der Bauchgurt festgezogen werden. Danach geht es maximal einfach weiter, denn wir haben genau zwei Trägerenden, an denen wir ziehen können! Die Länge der Träger kann also optimal angepasst werden, unabhängig von der Größe der Beteiligten.
Trägt man sein Kind vor dem Bauch, werden die Träger üblicherweise auf dem Rücken gekreuzt. Mit passendem Zubehör ist aber auch eine H-Form wie bei einem Rucksack möglich. Aber bleiben wir bei der weit häufigeren X-Form: Dadurch, dass die Träger flächig auf dem Rücken liegen, wird das Gewicht des Kindes sehr gut verteilt. Wie ein breites und ein schmales X sowie ein H aussehen können, ist unten abgebildet:

Fullbuckle
Ein Fullbuckle ist dem Namen nach eine Tragehilfe mit „voller Schnallung“. Sein Bauchgurt wird mit einer Schnalle geschlossen, die Schulterträger sind fest mit dem Rückenteil oder dem Bauchgurt verbunden. Bei vielen Modellen besteht diese Verbindung ebenfalls aus einer Schnalle, manchmal sind die Träger aber auch fest vernäht. Ein Fullbuckle hat also nicht unbedingt überall Schnallen, er hat aber definitiv keine Träger zum Binden!
Wenn sich die Schulterträger an einer Schnalle lösen lassen, kann man sie meist auch auf dem Rücken gekreuzt tragen. Ansonsten haben wir beim Fullbuckle vorrangig die H-Form, insbesondere wenn die Träger selbst eine geschwungene Form haben. Damit sie nicht von der Schulter rutschen, werden sie von einer Querverbindung zusammen gehalten, so entsteht das typische H. Wie der Trägerverlauf beim Fullbuckle aussehen kann, ist unten abgebildet.

Etwas komplexer wird der Aufbau der Träger, wenn neben den Steckschnallen auch mehrere Leiterschnallen verarbeitet wurden. Dann nämlich lässt sich das Gurtband an mehreren Stellen oder auch in verschiedene Richtungen festziehen. Der Vorteil: Die Schulterträger haben eine sehr variable Länge und man kann auch beim Rückentragen gut festziehen!
Manche Fullbuckle haben Einsteckstellen für die Träger sowohl am Rückenteil als auch am Bauchgurt (Bild unten). Wird am Bauchgurt eingesteckt, ist tendenziell mehr Gewicht auf den Schultern. Wird am Rückenteil eingesteckt, landet mehr Gewicht auf dem Bauchgurt und es gibt mehr Zug auf das Rückenteil.

Anders als beim Halfbuckle ist also der Trägerverlauf stark durch den Aufbau der Tragehilfe vorgegeben, die Träger können nicht frei positioniert werden. Allerdings kann das Gewicht des Kindes anders am Körper verteilt werden, die Schulterpartie wird weniger belastet. Meist ist das Packmaß auch geringer, da Material an den Trägern gespart wird. Was einem besser taugt, zeigt mal wieder der Praxistest!
Onbuhimo
Der Onbuhimo kommt ursprünglich aus Japan und bezeichnet die Art, wie das Kind auf dem Rücken getragen wird, damit es am Alltag teilnehmen kann. „Übersetzt“ wurde das mit einer Tragehilfe, die ohne Bauchgurt auskommt und recht hoch getragen werden kann: Die Onbuhimos auf unserem Markt bestehen meist aus einem Rückenteil mit fest vernähten Trägern, durch die die Beine des Kindes gefädelt werden.
Träger und Rückenteil bilden gemeinsam eine Schlaufe. Werden die Schulterträger verlängert oder verkürzt, passt sich die gesamte Tragehilfe gleichzeitig auf den Tragenden als auch das Kind an.
Ein Onbuhimo kann aber durchaus auch für das Tragen vor dem Bauch verwendet werden. Kein Bauchgurt bedeutet ein kleines Packmaß und gleichzeitig viel Platz um die eigene Mitte. Auf der anderen Seite ist mehr Last auf dem oberen Oberkörper als bei den vorherigen Tragehilfen – ja, auch hier bewährt sich der Praxistest!

Besondere Trageweisen
Besondere Trageweisen ergeben sich bei Tragehilfen beispielsweise dadurch, dass diese für verschiedene Nutzungszwecke umgebaut werden können, insgesamt modular gestaltet sind oder aber ähnlich der Tuchbindeweisen am Körper variabel angelegt werden können.
Manche Tragehilfen lassen sich vom einen in den anderen Typ umwandeln („Hybride“). Am häufigsten begegnet uns das bei einem Fullbuckle, der zum Onbuhimo umbaubar ist. Sein Rückenteil und die Schulterträger sind so konstruiert, dass er auch ohne Bauchgurt genutzt werden kann und dieser abnehmbar ist:

Bei modularen Tragehilfen können die einzelnen „Bauteile“ ausgetauscht werden. So wird beispielsweise aus einem Fullbuckle durch den Wechsel der Schulterträger ein Halfbuckle. Oder aber es gibt einen Bauchgurt mit oder ohne Schnalle. Mitwachsend wird die Tragehilfe dann, wenn auch das Rückenteil in verschiedenen Größen vorliegt. Wächst das Baby aus der Tragehilfe raus, wird einfach das nächstgrößere Rückenteil eingebaut!

Wrap Conversion à la Tuch: Mit breiten Schulterträgern lassen sich auch mit einer Tragehilfe viele Tuchbindeweisen und Abschlüsse (Finishes) nachahmen. Ähnlich wie bei der Wickelkreuztrage kann man die Träger beispielsweise unter den Achseln auf den Rücken führen und dann von hinten über die Schultern legen statt umgekehrt. Oder aber man trägt sein Kind auf dem Rücken und führt einen Träger als Brustpass unter der Achsel nach vorn und hat eine ähnliche Gewichtsverteilung wie beim Double Hammock (Bild unten links). Weit häufiger werden die Träger benutzt, um die Breite des Rückenteils zu verlängern und so auch die Beine eines größeren Kindes gut unterstützen zu können.

Wir haben in unseren Schubladen also doch einige Sonderlinge, die man an verschiedenen Orten verstauen könnte! Wie alltagstauglich die Verwandlungskünstler sind, ist allerdings recht unterschiedlich. Ein Halfbuckle oder eine Wrap Conversion lässt sich sehr spontan anders binden. Das Rückenteil einer modularen Tragehilfe tausche ich eher einmalig aus, wenn mein Baby aus dem anderen Rückenteil rausgewachsen ist.
In einer Trageberatung kannst du ganz unverbindlich ausprobieren, wie du mit einer besonderen Trageweise zurecht kommst!
05. Tragen vor dem Bauch, auf der Hüfte und dem Rücken

Fronttrageweisen
Bei den Trageweisen vor dem Bauch haben wir das Baby gut im Blick und können es besonders kontrolliert in das Tuch oder die Tragehilfe setzen.
Mit einer Wrap Conversion, einer Mei Tai oder einem Halfbuckle ist das Anlegen unkompliziert und wir haben genau zwei Trägerenden, die nach vorn festgezogen werden. Manche Fullbuckle hingegen sind so aufgebaut, dass das Gurtband nach hinten verkürzt werden muss. Da kommt es mitunter auf die eigene Gelenkigkeit an. Dafür ist es beim Rückentragen umso einfacher!
Entsprechende Tuchbindeweisen gibt es reichlich. Einige benötigen eher kurze, andere eher lange Tücher. Sie sind mal für kleinere, mal für größere Babys optimal und gehen entweder super flink oder verteilen das Gewicht besonders gleichmäßig. In der Regel wird mit der Wickelkreuztrage oder dem Känguru begonnen und nicht immer besteht der Bedarf an einer weiteren Bindeweise. Wem die beiden nicht taugen oder aber wer mehr ausprobieren möchte, der versucht vielleicht den Front Double Hammock, eine der Kreuztragen oder einfach eine Variante der Wickelkreuztrage wie zum Beispiel Anne’s FWCC.
Hinweis: Viele Bezeichnungen für Bindeweisen kommen mit Abkürzungen daher, und das auch gern auf Englisch. Eine FWCC ist eine Front Wrap Cross Carry oder eben Wickelkreuztrage. Die wiederum wird auch abgekürzt mit WKT oder WXT. Manchmal kommen noch Vornamen dazu, wenn die Bindeweise eben durch dazugehörige Person oder ihr Kind publik gemacht wurde. Wir haben also viele kleinere (und selten größere Varianten) von bekannten Dingen!
Hüfttrageweisen
Auf der Hüfte haben wir das Kind immer noch gut im Blick, sehen aber gleichzeitig selbst ein wenig mehr vom Weg. Unser Baby wiederum hat ebenfalls eine bessere Rundumsicht.
Egal ob wir dafür ein Tuch oder eine Tragehilfe nutzen, es wird eine eher einseitige Belastung für unseren Körper sein. Das Baby ist auf der einen Seite positioniert, das Tuch oder der Träger liegt auf der gegenseitigen Schulter. Aber: Ein unterstütztes Tragen ist immer noch weit komfortabler als das Kind pur auf der Hüfte abzusetzen.
Bei den Tragehilfen ist das seitliche Tragen umso einfacher, je breiter die Träger sind. Dann können diese sich gut auf der Schulterkante „einhaken“ und rutschen nicht an den Hals. Übrigens: Ein weniger zentriertes Tragen geht natürlich auch mit beiden Trägern auf den Schultern, einfach mal ausprobieren und den Bauchgurt etwas verschieben!
Der bekannteste Vertreter aus der Kategorie „Hüfttrageweisen“ ist sicherlich der Ringsling. Mit einem (Schiebe-)Knoten oder zwei externen Ringen lässt sich das aber auch mit einem kurzen Tuch nachbauen. Schon haben wir einen Hüftsitz! Mit etwas längeren Tüchern kann man das Gewicht des Kindes auch gleichmäßiger am Oberkörper verteilen: Die Hüftschlinge, das Hüftkänguru oder Poppins Hip Carry sind nette Kandidaten für ein Baby, das schon mehr von der Welt sehen möchte.
Rückentrageweisen
Das Rückentragen hat viele Vorteile: Wir bekommen freie Sicht auf das, was vor uns liegt, gleichzeitig werden wir aufgerichtet und unser Baby ist trotzdem nah und kann am Alltag teilnehmen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass viele frische Eltern ihr Baby erst kuschelig vor dem Bauch tragen wollen!
Oft wird nach einiger Erfahrung mit dem Tragen zuerst auf die Hüfte und dann auf den Rücken gewechselt. Zum einen kann dort auch ein größeres Kind gut positioniert werden, zum anderen braucht es vorn manchmal Platz für weitere Kinder, die Trost oder Hilfe benötigen. Oder aber es ist allen einfach bequemer.
Nahezu alle Tragehilfen können sowohl vor dem Bauch als auch auf dem Rücken genutzt werden. Wenige Ausnahmen sind beispielsweise Tragehilfen, bei denen auf dem Rückenteil geklettet werden muss. Sofern die Träger gekreuzt (X-Form) oder parallel (H-Form) angelegt werden können, ist für viele Tragende jetzt der parallele Verlauf der Schulterträger angenehmer. Möglich ist aber oft beides, hier hilft wieder ein Praxisversuch.
Mit dem Tuch bleibt es vielfältig. Auch auf dem Rücken gibt es Bindeweisen, die ein- oder mehrlagig das Kind stützen, mehr oder weniger flächig an unserem Körper verlaufen und mit oder ohne „Bauchgurt“ gebunden werden. Viele Rückenneulinge starten mit dem Einfachen Rucksack und probieren mit einem größeren Kind den Double Hammock aus. Daneben gibt es aber auch den Wickelkreuzrucksack und viele schöne Bindeweisen mit kurzen Tüchern (Shortys).
06. Tragen vom Neugeborenen bis zum Großkind
Tragen von Neugeborenen
Bedürfnisse eines Neugeborenen
Neugeborene brauchen unsere Nähe um sich sicher zu fühlen. Sie brauchen Nahrung, Schlaf, ein sauberes Umfeld und ganz viel Zuwendung! Am einfachsten für uns ist es, wenn wir sie dafür mit Tuch oder Tragehilfe bei uns tragen. So können sie entspannen und uns dennoch mit allen Sinnen im Alltag begleiten. Und wir können feinfühlig und zeitnah auf ihre Bedürfnisse reagieren.
Körperliche Voraussetzungen
Junge Babys halten sich auch in wachem Zustand nicht selbst aufrecht, darum achten wir besonders darauf, dass ihr Rücken gut gestützt wird. Gleichzeitig soll die Trageweise auch eine Anhock-Spreizhaltung ermöglichen. So kann die kindliche Hüfte optimal reifen und der Rücken des Babys bleibt in seiner natürlichen, leicht gerundeten Form. Mehr über sicheres, gesundes und bequemes Tragen erfährt du übrigens in meinem Grundlagenkurs.
Elterliche Rahmenbedingungen
„Frische Eltern“ wollen nichts falsch machen. Und sie wollen auch nichts Richtiges verpassen. Ganz ohne Vorerfahrung werden sich also Trageweisen anbieten, die auch mit kleinem Baby gut und sicher handhabbar sind. Oft soll es auch möglichst kuschelig, weich und unaufgeregt sein. Selbst wenn das Baby die Farbe oder das Material gar nicht interessiert: Fühlen wir uns als Eltern wohl mit der Trageweise, kann auch das Baby leichter entspannen.
Die Favoriten
Häufig zeigt die Hebamme während der Betreuung im Wochenbett schon eine erste Bindeweise mit dem elastischen Tuch. Darauf lässt sich in einer Trageberatung wunderbar aufbauen und es kann auch die Zeit überbrückt werden, bis das Baby in eine eventuell vorhandene Tragehilfe „hineingewachsen“ ist.
Neben dem elastischen Tuch empfiehlt sich auch das gewebte Tragetuch von Geburt an und hat zusätzlich eine längere Nutzungsdauer. Bei der Wickelkreuztrage wird das Baby in eine schon eng am Körper liegende Querbahn gegeben, was sich von Anfang an sicher anfühlt. Das Känguru wiederum ist ein wenig diffiziler, passt dafür auch den ganz Kleinen, die noch eher „gefaltet“ anmuten. Für diese Kinder ist oft auch der Ringsling hervorragend geeignet.
Bei den Tragehilfen kommen all jene in Frage, die ein kleines Rückenteil haben oder aber sich sinnvoll verkleinern lassen. Ganz allgemein sind Tragehilfen, die mit der Nutzung von Geburt bis zum Ende der Tragezeit beworben werden, meist etwas knifflig in der Handhabung mit Neugeborenen. Falten und Luft sind immer ein Zeichen von fehlender Stützung! Hier sollte dann besser noch einmal optimiert oder eine andere Trageweise gewählt werden.

Tragen von größeren Kindern
Bedürfnisse von größeren Kindern
Nach der Neugeborenenzeit sind unsere Babys nicht automatisch „groß“, auch wenn sie in Windeseile von einer Kleidergröße zur nächsten wechseln. Zunächst einmal erwacht ihr Interesse an der Umwelt, noch vom sicheren Hafen der Eltern oder anderer lieber Menschen aus. Und dann wollen sie plötzlich doch alles auf eigene Faust erkunden und kehren nur zum Kuscheln oder Schlafen auf unseren Arm zurück. Es ist also ein Wechselspiel zwischen vertrauter Sicherheit und dem Wunsch, die Welt kennenzulernen.
Körperliche Voraussetzungen
Ein Baby, das schon selbständig sitzen kann oder krabbelt, hat einen ganz anderen Muskeltonus als ein Neugeborenes. Viele Kinder brauchen schon recht früh Armfreiheit in der Trageweise und wollen sich nicht mehr komplett einhüllen lassen. Wichtig ist, dass wir auch diese Kinder, wenn sie eingeschlafen sind, gut stützen können! (Klein-)Kinder werden meist weniger lang am Stück getragen und können deutlich kommunizieren, wenn es ihnen unbequem wird.
Elterliche Rahmenbedingungen
Auch für uns Eltern ist es ein Wechselspiel. Es macht den Alltag leichter, wenn sich unsere Kinder selbst fortbewegen, auf der anderen Seite können wir ihnen durch das Tragen dann Sicherheit und Ruhe bieten, wenn sie es brauchen. Und manchmal wollen wir auch einfach von A nach B kommen ohne viele Umwege!
Ein älteres Baby oder Kleinkind ist meist auf unserem Rücken besser aufgehoben. So haben wir eine freie Sicht nach vorn und unser Körper kommt mit dem zusätzlichen Gewicht leichter zurecht. Aber ob wir unser Kind auf dem Rücken tragen wollen oder es doch lieber vorn behalten, ist unsere Entscheidung!
Die Favoriten
Wenn die Kinder mobiler werden, sind schnelle Trageweisen (Rauf! Runter! Rauf! Runter!) bevorzugt, zudem wird das Rückentragen relevanter.
Mehrlagige Bindeweisen nehmen das Gewicht des Kindes besser auf und sind oft als Varianten schon bekannter Bindeweisen möglich, zum Beispiel bei der aufgefächerten Wickelkreuztrage. Zweilagige Kreuztragen können vorgebunden werden und bieten so eine schnelle Lösung für das Tragen vor dem Bauch. Aber auch auf der Hüfte finden sich viele schöne Tuchbindeweisen und erlauben dem Kind einen größeren Ausblick: Hüftsitz, Hüftschlinge und Hüftkänguru sind nur drei der vielfältigen Möglichkeiten. Und auch mit dem Ringsling hat man eine kompakte seitliche Trageweise für ein größeres Kind.
Mit dem Tuch auf dem Rücken nutzen viele statt des Einfachen Rucksacks nun den Double Hammock, bei dem das Kind von zwei Lagen gehalten wird und man selbst ein gut stützendes Brustband als Gegenpol am Oberkörper hat. Beim Wickelkreuzrucksack wird das Kind ein- oder mehrlagig gehalten und sitzt etwas tiefer. Und auch mit einem Shorty können tolle Bindeweisen gebunden werden, beim Pirate Carry / RRR (Reinforced Rear Ruck) reicht sogar ein sehr kurzes Tuch für zwei Lagen. Wenn du allerdings ein Finish binden möchtest, solltest du immer etwas mehr Länge einplanen.

Tragen von mehreren Kindern
Bedürfnisse bei mehreren Kindern
Bei mehreren Kindern geht es meist darum, die unterschiedlichen Bedürfnisse zu priorisieren und ihnen entsprechend gerecht zu werden.
Selbst wenn uns Geschwisterkinder plötzlich so groß vorkommen, waren sie bis zur Geburt des Babys doch auch „die Kleinen“ und sind es immer noch. Gerade jetzt wollen sie nicht in Vergessenheit geraten und suchen vielleicht mehr denn je unsere Nähe. Mehrlinge wiederum brauchen gleichzeitig viel Körperkontakt. Mit einem Tragetuch oder einer Tragehilfe kommt man da definitiv leichter durch den Tag!
Körperliche Voraussetzungen
Kinder unterschiedlichen Alters haben üblicherweise auch nicht den gleichen (körperlichen) Entwicklungsstand. Unsere Ansprüche an sicheres und gesundes Tragen gelten aber nach wie vor, sowohl für wache als auch schlafende Kinder. Mehrlinge können sich meist eine Trageweise „teilen“ und so problemlos abwechselnd getragen werden.
Elterliche Rahmenbedingungen
Mit mehreren Kindern ist häufig die Logistik das größte Problem. Wie lassen sich die unterschiedlichen Rhythmen und Termine auf einen gemeinsamen Nenner bringen? Schließlich wollen wir allen Bedürfnissen gerecht werden. Manchmal heißt das, zumindest kurzzeitig zwei Kinder auf einmal zu tragen – oder auch, neu mit dem Tragen eines Kindes zu beginnen, um die Hände für das andere frei zu haben.
Tandemtragen, also das gleichzeitige Tragen mehrerer Kinder am eigenen Körper, sollte allerdings nicht als „Nonplusultra guter Elternschaft“ angesehen werden. Es ist auf Reisen und unterwegs oft praktisch, stellt auf Dauer aber eine zusätzliche Belastung für unseren Körper dar. Hier sollte man abwägen und gut auf den eigenen Körper hören (und natürlich lieber mit Tragehilfe oder Tuch als ohne tragen).
Die Favoriten
Wenn wir Kinder unterschiedlichen Alters abwechselnd tragen wollen, sind wir mit einem Tragetuch sicherlich am besten bedient. Das Tuch passt sich in dem Moment flexibel an das Kind an, wenn wir es binden. Mit einem kurzen Tuch (Shorty) können wir das größere Kind im Einfachen Rucksack auf dem Rücken tragen oder das kleinere Kind mit einem Hüftsitz vor dem Bauch. Mit einem längeren Tuch lässt sich auf dem Rücken der Double Hammock binden und vor dem Bauch eine Wickelkreuztrage. Bei den Tragehilfen kann es hingegen sein, dass wir mehrere Modelle brauchen, um für alle Kinder eine optimale Passform zu haben. Die „tuchnahen“ Tragehilfen warten da oft mit einer breiteren Nutzungsspanne auf.
Beim Tandemtragen können Tuch mit Tuch, Tuch mit Tragehilfe und auch Tragehilfe mit Tragehilfe kombiniert werden. Für Zwillinge sind zumindest zu Beginn auch Trageweisen möglich, bei denen beide Kinder gleichzeitig vor dem Bauch sind (z.B. mit zwei Ringslings oder in einer Zwillingstragehilfe). Bequemer wird es, wenn wir ein Kind vorn und ein Kind auf dem Rücken haben. Hierbei stellt sich immer die Frage, wer wohl länger am Körper bleibt und deshalb „zuunterst“ eingepackt wird, denn nicht immer sind die gemeinsamen Trageweisen komplett unabhängig voneinander. Mit einem Onbuhimo lassen sich die meisten Trageweisen vor dem Bauch gut ergänzen.
Tragen wir zwei Kinder gleichzeitig, können insbesondere doppelte gepolsterte Schulterträger und doppelte Bauchgurte miteinander ins Gehege kommen. Eine Trageberatung ist hier sicher die beste Möglichkeit, ganz praktisch verschiedene Kombinationen durchzuprobieren!

Tragen bei besonderen Bedürfnissen
Besondere Bedürfnisse
Manchmal gibt es zusätzliche Randbedingungen für das Tragen, diese können sowohl die Eltern als auch das zu tragende Kind betreffen. Neben Einschränkungen im Bewegungsapparat können das auch Besonderheiten in der Wahrnehmung sein oder eben andere „besondere Bedürfnisse“.
Oft hilft das Tragen selbst, den Alltag der ganzen Familie zu unterstützen. Je nachdem, was die besonderen Bedürfnisse sind, braucht es aber auch eine angepasste Trageweise, die nicht dem Standard-Repertoire entspricht.
Körperliche Voraussetzungen
Die Einschränkungen oder Besonderheiten können sehr vielfältig sein. Sitzt die Mama im Rollstuhl? Ist das Kind schon recht groß, hat aber eine sehr schwache Muskulatur? Oder ist es eher eine temporäre Angelegenheit und das Vorschulkind mit Gipsbein soll am Strand dabei sein können?
Wenn die Eltern in der Bewegung eingeschränkt sind, braucht es eine Trageweise, die alltagstauglich ist und ohne Hilfe verwendet werden kann. Da heißt es unbedingt ausprobieren, zum Beispiel im Rahmen einer Trageberatung!
Braucht das Kind besonders viel Körperkontakt und Rückzugsmöglichkeit, kann eine Tragehilfe oder Bindeweise „von der Stange“ völlig ausreichen. Ein eher großes Kind allerdings braucht eventuell eine Sonderanfertigung oder zumindest ein paar Tricks, die man von einer erfahrenen Trageberaterin bekommen kann.
Elterliche Rahmenbedingungen
Tragen erleichtert immer den Alltag! Es bietet den Kindern Nähe und Sicherheit und uns Eltern Mobilität, egal, wie „normal“ oder „besonders“ wir oder unsere Kinder sind. Gerade wenn unsere Kinder selbst weniger mobil sind als andere, kann man die Tragehilfe oder das Tragetuch als treppentaugliches und geländegängiges Transportmittel nutzen.
Die Favoriten
„Die“ Favoriten gibt es bei dieser Vielfalt der Besonderheiten nicht. Statt Favoriten möchte ich sagen: Es gibt (fast) immer eine Lösung, eine individuelle Trageberatung ist sicher der beste Weg.
08. Tragen in der Welt
Tragen in Deutschland
Wenn wir Google anwerfen und nach „Babytragen“ suchen, finden wir vor allem Shopping-Links für Tragehilfen. Mit ein wenig Scrollen erscheinen noch Tests und Vergleiche und irgendwann auch die erste Trageberatung. Es scheint, als sei alles selbsterklärend, und kaum dass man eine beliebige „Babytrage“ in der Hand hat, kann man auch schon lostragen! Perfekt, wenn es so läuft.
Tragen in Deutschland ist nicht neu, schließlich musste man auch vor der Erfindung des Kinderwagens im 19. Jahrhundert voran kommen. Leider ging die Kultur des Tragens zwischenzeitlich verloren und lebt erst jetzt wieder auf, ohne als „alternativ“ zu gelten. Das große Angebot auf dem Tragemarkt hängt ganz sicher auch mit der steigenden Nachfrage zusammen (und dem Ausnutzen grundsätzlicher Kauffreude frischer Familien).
Ich möchte aus dem Nähkästchen plaudern und ein wenig aus meinem Beratungsalltag erzählen: Ich sehe vor allem Eltern mit sehr kleinen Babys, meist in den ersten Wochen. Hier wird im Tuch getragen oder eine Tragehilfe gewählt, die vor allem im ersten Jahr gut passt. Manchmal wird nach einem halben Jahr noch eine zweite Beratung gebucht, wenn es nämlich ab auf den Rücken geht. Und sehr selten kommt es vor, dass nach ein oder zwei Jahren noch eine weitere Tragehilfe von mir getestet wird, weil eben noch kein Ende der Tragezeit in Sicht ist. Getragen wird aber länger als ich es in den Beratungen sehe! Denn meist reichen die gelernten Grundlagen aus, um selbst weiterzuprobieren. Oder es werden eben anderweitig Testpakete geordert.
„Tragen in Deutschland“ bedeutet häufig die Wickelkreuztrage mit dem elastischen Tuch, die Wickelkreuztrage mit dem gewebten Tuch und schon seltener der Einfache Rucksack als Bindeweise für den Rücken. Manchmal, für größere Kinder, kommt noch der Double Hammock dazu. Es wird aber auch gern ein Halfbuckle oder Fullbuckle im ersten Jahr verwendet. Und parallel zu allem „gönnen“ sich manche einen Ringsling.
Getragen wird, weil schon jemand aus der Familie getragen hat, Freunde tragen oder die Hebamme dazu rät. Getragen wird mit den Dingen, die aus dem Bekanntenkreis verliehen werden oder die im Geburtsvorbereitungskurs empfohlen wurden. Oder aber, was günstig online zu bekommen ist, viele Siegel trägt oder in den sozialen Medien gehypt wird. Eine echte Tradition, weitergegeben von Generation zu Generation, gibt es noch nicht wieder.
Tragen in Deutschland ist nicht „die eine Blase“. Nicht jede Familie macht sich Gedanken über Bedürfnisorientierung und nicht jede Familie wohnt in unwegsamen Gelände. Manche:r sieht eine Sammlung von Tragetüchern wie andere eine Sammlung von Schuhen und liebt die Designs, manche:r wiederum findet kein anderes Mittel, das Kind zum Schlafen zu bringen.

Tragen in der Welt
Getragen wurde schon immer und überall, denn unsere Menschenkinder sind Traglinge. Ich möchte gar nicht zu tief eintauchen, denn es gibt ganz wunderbare Frauen, die dazu viel besser und mit vielen eindrucksvollen Bildern erzählen können. Ich möchte euch an dieser Stelle das Webinar „Tragen in aller Welt“ von Sabina Zahn empfehlen!
Wenn wir von den uns geläufigen Bindeweisen und bestimmten Marken sprechen, dann ist uns meist nicht bewusst, wie kurzsichtig wir damit sind. Es ist eine sehr westliche und moderne Vorstellung, die unser Bild vom „richtigen Tragen“ prägt.
Wir müssen gar nicht so weit blicken, in unseren Nachbarländern sind die Vorlieben und Gewohnheiten schon anders. Da werden die Füßchen der kleinen Babys mit eingebunden, Tragehilfen werden erst für „Lauflinge“ empfohlen oder die Wickelkreuztrage gehört unbedingt aufgefächert.
Gehen wir etwas weiter, gibt es schon keine „Trageberatung“ mehr, denn Tragen ist Bestandteil der Kultur und wird innerhalb der Familien weitergegeben.
Und wie „bei uns“ geht es überall darum, den Kindern Nähe zu bieten, sie zu schützen und sie dabei von einem Ort zum anderen zu bewegen. Mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen und die dort als Standard angesehen werden.
Tragen in den Sozialen Medien
Wenn dich Facebook, Instagram und Co. hierher gebracht haben, dann ist das ganz fantastisch. Die Sozialen Medien zeigen und verlinken Wissen schneller als es je zuvor möglich war. Nur ist „Wissen“ nicht immer auch wissenschaftlich, richtig oder wenigstens nützlich, insbesondere dann nicht, wenn es eher „Meinung“ ist. Leider ist es oft schwierig, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Frage fünf Personen, was die beste Tragehilfe ist, und du wirst fünf verschiedene Modelle genannt bekommen! (Vielleicht auch sechs.)
Mein Tipp: Kopf an! Um dir ein paar Nerven zu sparen, nenne ich dir im folgenden Abschnitt die beliebtesten Fallstricke.
„Du musst mehr Beuteln.“ oder: „Du musst weniger Beuteln.“
Beuteln meint meist, den Po des Kindes tiefer ins Tuch oder das Rückenteil zu setzen, oft mit der Absicht, die Anhock-Spreizhaltung zu verbessern oder das Rückenteil einer Tragehilfe zu verkürzen. Das kann natürlich auch von Nachteil sein, wenn das Rückenteil dann zu kurz wird oder aber die Beine des Kindes eben nicht mehr gut gestützt werden. Und umgekehrt ist es manchmal schwierig, ein waches, neugieriges Kind „rund“ in die Trageweise zu bekommen. Bei beidem hilft ein wenig Geduld, ein Spiegel und natürlich die Übung.
„Keine Strumpfhosen oder Strampler!“
Der Stoff von jeglichen Hosen bleibt immer ein wenig unter dem Po stecken. Damit nichts an der Kniekehle knüllt und die Zehen nicht gestaucht werden, lohnt es sich immer, da ein wenig Stoff heraus zu zuppeln. Dann passt das auch mit der Strumpfhose.
„Erst ab Kopfkontrolle / Sitzalter / Laufalter.“
Empfehlungen für bestimmte Trageweisen haben ihren Ursprung meist im Zusammenhang mit der Wirbelsäulenentwicklung des Kindes. Dabei spielen zwei Faktoren eine Rolle: Kann ich mein Kind sicher in die Trageweise und auch wieder heraus bringen und wieviel Druck bringe ich auf seine Wirbelsäule. Frage im Zweifel eine Trageberaterin deines Vertrauens!
„Überhaupt nie!“
Überhaupt nie soll man „diese eine“ Trageweise verwenden! Manchmal wusste man es aber nicht besser oder es hat einem eben getaugt. Abhaken.
„Immer.“
Nur angebracht bei: Immer sollte eure Trageweise sicher sein.
„Kopfkusshöhe / Kopfnusshöhe.“
Die Kopfkusshöhe ist meist passend, aber da ein Kind aus mehr als dem Kopf besteht, muss auch der Rest bequem an deinem Körper untergebracht sein. Ein größeres Kind auf Kopfnusshöhe ist auf dem Rücken sicher besser aufgehoben, braucht aber manchmal auch Kuscheleinheiten vorn. Deine Entscheidung!
„Dein Kind wird nie xxx lernen.“
Tragen ist, anders als Rumliegen, wie ein Mini-Pilates für das Kind. Es gleicht Bewegungen mit aus und alle Sinne werden angesprochen. Getragene Kinder lernen Robben, Krabbeln, Sitzen und Laufen ganz wunderbar!
„Das arme Kind!“
Das „arme“ Kind ist so nah an uns, dass wir feinfühlig und zeitnah auf seine Bedürfnisse eingehen können. Wie wunderbar und praktisch!
„Die arme Mama, der arme Papa!“
Total anekdotisch: Ich habe mein „viel zu großes“ Kind auf dem Rücken getragen und wir haben uns Kopf an Kopf über die Kunstausstellung in einer Kirche unterhalten. Anschließend sind wir gemeinsam am Strand entlang spaziert. Arm habe ich mich nicht gefühlt.
Sonstige Verwünschungen.
Oftmals ist schneller getippt als gedacht und wenn am anderen Ende ein anderes Elternteil sitzt, hat es vielleicht ebenfalls eine schlechte Nacht hinter sich oder bräuchte mal eine Pause oder ein wenig Zuspruch. Wir wissen es einfach nicht! Gehen wir also vom Besten aus, vor allem auch von unserem Besten, und hören auf unser eigenes Bauchgefühl. Wir sind immer die Fachpersonen für unsere Kinder!
08. Schon vorbei?
Ich hoffe, du hattest einige Aha!-Effekte, konntest etwas Neues lernen und warst gut unterhalten!
Von nun an kennst du die Schubladen der Tragewelt und auch die unterschiedlichen Vorteile, die jede Trageweise mit sich bringt. Vielleicht hilft es dir dabei, ein für dich passenderes System zu finden! Auf jeden Fall weißt du nun: Es gibt unzählige Alternativen, die probiert werden können.
Hat alles gepasst? Fehlt dir etwas? War etwas missverständlich? Dann lass es mich unbedingt wissen und einbringen! Schreib mir dafür eine Email an post{at}tanja-benitsch.de mit deinen Anmerkungen.
Du willst mich unterstützen? Dann spende doch! Das geht über Paypal ganz einfach (Link öffnet in neuem Tab). Ich sage DANKE! Ich freue mich auch sehr über Beratungsanfragen und Weiterempfehlungen! Tragen ist nicht nur entlastend und bereichernd in der Babyzeit, auch größere Kinder (und ihre Eltern) können davon profitieren. Also einfach weitersagen…